Erlass zur Lenkung des Windenergieausbaus in der Übergangszeit bis zum Erreichen der Flächenbeitragswerte durch die Regionalplanung

Den Erlass zur Lenkung des Windenergieausbaus in der Übergangszeit bis zum Erreichen der Flächenbeitragswerte durch die Regionalplanung finden Sie im Downloadbereich auf der rechten Seite.

Frequently Asked Questions

Nordrhein-Westfalen setzt auf einen sehr ambitionierten Ausbau der Windenergie. Die Umsetzung des Wind-an-Land-Gesetzes des Bundes soll in Nordrhein-Westfalen deutlich früher erfolgen, als es das Bundesgesetz vorsieht. Bereits 2025 sollen insgesamt 1,8 % der Landesfläche in den Regionalplänen für die Windenergie planerisch gesichert sein. Damit übertreffen wir die bundesrechtliche Vorgabe um sieben Jahre. Auf diese Weise wird die Landesregierung in einem wesentlichen Politikfeld der Verpflichtung aus dem „Klimabeschluss“ des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18) gerecht, die Aufgabe des Klimaschutzes zeitnah anzugehen und nicht den kommenden Generationen in einem dann extrem kurzen Zeitfenster zu überlassen. Aber auch bis zur Rechtskraft der Regionalpläne soll in NRW schon Windenergie ausgebaut werden können. Dafür dienen Beschleunigungsflächen, die Windenergiebereiche der Regionalplan-Entwürfe und kommunal ausgewählte Flächen. Das ermöglicht einen sofortigen bzw. sehr zeitnahen Windenergieausbau. Gleichzeitig wird der Windenergieausbau auf diese Flächen gelenkt. Damit wird die Zielsetzung verfolgt, planerisch die geeigneten Flächen auszuwählen und die Windenergie so zu konzentrieren, wie es zu Landschaftsbild und anderen Nutzungen passt.
Die Umsetzung des Wind-an-Land-Gesetzes des Bundes soll in NRW deutlich früher als bundesgesetzlich vorgegeben erfolgen. Bereits 2025 sollen in den Regionalplänen insgesamt 1,8 % der Landesfläche planerisch für die Windenergie gesichert sein. In der Zeit bis zur Rechtskraft der neuen Regionalpläne, hier bezeichnet als Übergangszeitraum, soll unbedingt auch Windenergie umfangreich ausgebaut werden können. Dazu gibt der Erlass die Hilfestellungen, damit ein Ausbau der Windenergie in NRW kontinuierlich möglich ist.
Der gesicherte Flächenkorridor setzt sich aus drei Flächentypen zusammen, die für die Windenergie zur Verfügung stehen.
  • Ausgewiesene Windenergiebereiche sind vorhandene Flächen in wirksamen, kommunalen Bauleitplänen und Regionalplänen, die für den Ausbau der Windenergie dargestellt sind.
  • Windenergiebereiche in Regionalplanentwürfen bezeichnen die konkreten räumlichen Festlegungen, die die Regionalräte ausgewählt haben. Nicht erforderlich sind formelle Aufstellungsbeschlüsse. So soll die Flächenbereitstellung für die Windenergie maximal unterstützt werden.
  • Ebenfalls ausreichend ist der Eintritt der Voraussetzungen des § 245e Abs. 4 BauGB bei kommunalen und regionalen Planungen.
  • Schließlich wurden für NRW gesonderte Beschleunigungsbereiche ausgewählt, in denen neue Windenergieanlagen auf sehr viel geringere Raumwiderstände stoßen als beispielsweise in der Nähe von Siedlungen oder in Naturschutzgebieten. Auf diesen Flächen soll der Ausbau der Windenergie bereits in der Übergangszeit ermöglicht werden. Die Beschleunigungsflächen sind eine Übergangslösung bis zu den Flächen der Regionalplanentwürfe der Regionalräte.
Ausgangspunkt für die Ermittlung der Beschleunigungsbereiche war die Flächenanalyse Windenergie NRW des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV). Wesentlicher Bestandteil der Studie war eine Raumanalyse, in der verschiedene Raumnutzungen (z.B. Siedlung oder Wald) oder rechtliche Merkmale (z.B. Allgemeiner Siedlungsbereich oder Naturschutzgebiet) als für die Windenergienutzung ungeeignet definiert wurden. Nach Ausschluss dieser Flächen verbleiben Potenzialflächen, auf denen eine Windenergienutzung möglich ist. Diese Potenzialflächen wurden von MWIKE weiter analysiert: So wurden z.B. besonders schutzwürdige Landschaftsschutzgebiete ausgeschlossen, außerdem wurden bestehende kommunale Windenergieflächen ausgeschlossen, um sicherzustellen, dass auch neue Flächen für den Ausbau der Windenergie identifiziert werden. Auf dieser Grundlage wurden für jede Planungsregion die größten zusammenhängenden und restriktionsarmen Flächen als Beschleunigungsräume identifiziert. Das Bundesrecht sieht im Übrigen die Fortgeltung der Ausschlusswirkung bestehender Konzentrationszonen grundsätzlich bis zum Erreichen des Flächenbeitragswertes vor. Verfügen Gemeinden nicht über rechtswirksame Konzentrationszonen ist eine Zulässigkeit von Windenergieanlagen in Beschleunigungsflächen und auf den Flächen, die der Regionalplanungsträger in ihren Planentwürfen (vor Eintritt der Voraussetzungen des § 245 e Abs. 4 BauGB) vorsehen, möglich. Dies kann bei Fallkonstellationen gegeben sein, bei denen a)           die Gemeinden keine Konzentrationszonen ausgewiesen haben, b)          ein Gericht die Ausschlusswirkung der Konzentrationszonen für unwirksam erklärt hat oder c)           die Unwirksamkeit der Ausschlusswirkung festgestellt wird (siehe hierzu Ziffer 2.1 des Lenkungserlasses).
Die „Karte zur Steuerung der Windenergienutzung im Übergangszeitraum“ enthält zwei Flächentypen. Zum einen sind die Windenergiebereiche der Regionalplanentwürfe dargestellt, die zum Zeitpunkt der Erstellung in zwei der sechs Planungsregionen in NRW bereits vorlagen. Zum anderen werden die Beschleunigungsbereiche für die übrigen Planungsregionen aufgeführt. Beides sind großräumige Planungen für eine Planungsregion oder das gesamte Land, die in einem gröberen Maßstab erfolgen als die sehr konkrete kommunale Planung. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird daher auf die Darstellung der kommunalen Planungen verzichtet.
Die raumordnerische Entscheidung trifft nach § 36 Abs. 2 LPlG die Bezirksregierung. Dies gilt auch für das Verbandsgebiet des Regionalverbandes Ruhr.
Die Kreise als immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörden legen Genehmigungsanträge für Windenergieanlagen, die von den Kommunen im Hinblick auf das LEP-Ziel 10.2-13 nicht unterstützt werden, der Bezirksregierung zur Überprüfung hinsichtlich des neuen LEP-Ziels 10.2-13 vor (LEP-Entwurf). Die Bezirksregierung überprüft dann die Vereinbarkeit mit dem LEP. Details sind dem Erlass zu entnehmen.
Der Erlass gibt im Zusammenhang mit der Genehmigung von Windkraftanlagen in dem oben genannten Flächenkorridor für die Windenergie verschiedenen Hinweise, die eine sofortige oder sehr zeitnahe Genehmigung von Windenergieanlagen ermöglichen. Dazu gehört insbesondere der Hinweis, dass die Bekanntmachung der Genehmigung eines Teil-Flächennutzungsplanes fehlerhaft sein kann, weil der räumliche Geltungsbereich des Flächennutzungsplanes zur Darstellung von Konzentrationszonen für die Windenergie nicht ausreichend beschrieben wurde (BVerwG, Urteil vom 29.10.2020, 4 CN 2/19). Die neue bundesgesetzliche Regelung des § 245e Abs. 4 BauGB ermöglicht es, bereits während der Aufstellung von Raumordnungs- oder Flächennutzungsplänen mit neuen oder erweiterten Windenergiegebieten entgegen einer gemäß § 245e Abs. 1 S. 1 BauGB noch fortgeltenden Ausschlusswirkung Vorhaben zuzulassen, die voraussichtlich den Neuplanungen entsprechen.
Aus Sicht der nordrhein-westfälischen Landesregierung ist ein schneller und starker Windenergieausbau entscheidend für das Gelingen der Energiewende. Dabei soll sich Windenergieausbau auf den planerisch ausgewählten, geeigneten Flächen konzentrieren und so zum Landschaftsbild und anderen Nutzungen passen. Hierfür dient das neue LEP-Ziel 10.2-13, mit dem großräumig – landesweit – Gebiete festgelegt werden, in denen Windkraftzubau erfolgen soll und andere Gebiete, in denen dieser nicht erfolgen soll. Mit diesem Ziel der Raumordnung wird zunächst ein Ausbaukorridor für die Windenergie definiert, der bereits ab dem Zeitpunkt des Kabinettbeschlusses zum LEP-Entwurf eine stufenweise aufwachsende Gebietskulisse für die Windenergie sicherstellt. Der andere zentrale Inhalt des LEP-Ziels 10.2-13 ist der Ausschluss eines ungesteuerten Windenergieausbaus außerhalb des beschriebenen Flächenkorridors aus Regionalplanflächen, Kernpotenzialflächen und kommunal gewollten Flächen. Im Ziel wird dafür auf das raumordnerische Instrument der Aussetzung der Entscheidung im § 36 Landesplanungsgesetz verwiesen. Danach können die Bezirksregierungen unter den Voraussetzungen des § 12 Raumordnungsgesetz die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbehörden anweisen, die Entscheidungen über die Zulässigkeit baulicher Anlagen im Einzelfall auszusetzen.
In Nordrhein-Westfalen leiden viele Flächennutzungspläne unter einem Bekanntmachungsmangel und können ihre Steuerungswirkung nur unzureichend entfalten. Die kommunale Steuerung des Windenergieausbaus in Nordrhein-Westfalen wird erschwert. Um eine möglichst rasche Aufstellung der neuen Regionalpläne – sieben Jahre vor der bundesrechtlichen Pflicht – zu ermöglichen, muss sichergestellt sein, dass diese Planung nicht durch einen ungesteuerten Zubau deutlich erschwert wird und die Steuerung durch die Regionalplanung auf Grundlage der des neuen LEP unmöglich gemacht wird. Der LEP sieht insbesondere Schutzvorschriften zugunsten der Kommunen vor, die auf den Anlagenbestand Bezug nehmen (vgl. den Grundsatz 10.2-11). Der in Nordrhein-Westfalen extrem ambitionierte Ausbau ist ohne eine Steuerung daher nicht denkbar. Durch die Steuerung des Zubaus auf Flächen, von denen überaus wahrscheinlich ist, dass sie später als Windenergiegebiete ausgewiesen werden oder bereits zum kommunalen Flächenbestand gehören (vgl. den Grundsatz 10.2-9), gelingt es, eine Steuerung mit einem zeitgleich bereits beschleunigten Zubau von Anlagen zu kombinieren.
Das Land greift bei der Steuerung auf bekannte Rechtsinstrumente zurück. Im ersten Schritt erfolgt die Festlegung eines Ziels der Landesentwicklungsplanung als Mittel des Raumordnungsrechts, hier Ziel 10.2-13 des LEP-Entwurfs. Das Land hält sich damit im Rahmen des ihm zustehenden Regelungsbereichs: Es werden im Rahmen des Raumordnungsrechts großräumig – landesweit – Gebiete festgesetzt, in denen Windkraftzubau erfolgen soll und andere Gebiete, in denen dieser nicht erfolgen soll. Die entsprechende raumordnungsrechtliche Möglichkeit ist in der Rechtsprechung anerkannt. Angesichts der Verbindlichkeit und Bestimmtheit der Vorgaben, sind die vom Raumordnungsrecht aufgestellten Voraussetzungen an die Zielqualität auch erfüllt. Die Durchsetzung des Ziels 10.2-13 (in Aufstellung) erfolgt sodann mittels des seit vielen Jahren bewährten Rechtsinstruments des § 36 LPlG i.V.m. § 12 ROG.